Sie können mich mal gernhaben (ich habe Sie ohnehin gern!)

Sie haben bestimmt bemerkt, dass vor kurzem unter den Beiträgen hier überall Knöpfe aufgetaucht sind, die vorher nicht da waren. Trauen Sie sich, drücken Sie ruhig mal drauf, dann passiert irgendwas! Nein, ich habe nicht angefangen zu twittern, zumal ich nach wie vor nicht so ganz genau weiß, was das eigentlich ist. Und auch zukünftig werde ich netzwerktechnisch asozial bleiben. Aber Ihnen, untertänigst verehrte Leserinnen und Leser, möchte ich fürs erste nicht mehr vorschreiben, was Sie zu tun oder zu lassen haben. Deshalb dürfen Sie mich jetzt durchaus weitertwittern, auch wenn mir die Sache nicht ganz geheuer ist. Und Sie können mich mal liken, Sie wissen schon wo.

Ich werde die Sache mit kritischem Auge beobachten. Sollten die Ergebnisse zu beschämend sein, nehme ich den Unsinn wieder runter. Ich hoffe, das geht.

Wo der Computer schon mal an ist: Es gibt wieder mal anderswo Anderes von mir zu lesen. So habe ich unlängst beim Fünf-Bücher-Projekt den Dicken gemacht. Bitte kaufen Sie meine fünf Bücher und alle anderen fünf Bücher, es ist gleich doppelt für einen guten Zweck (Ihr Lesevergnügen und eine wohltätige Organisation).

Auch für einen guten Zweck: Am nächsten Donnerstag, den 28. Juli, liest Christine Bongartz in Bremen aus meiner Gebrauchsanweisung für Japan, musikalisch begleitet von Naoko Marutani. Alle Fakten hier.

Und es gab neues zu besprechen:

Film

Garden of Sinners Film 2: Morderverdacht Teil 1

Gothic & Lolita Psycho

Kite Liberator – Angel of Death

Monga – Gangs of Taipeh

Buch

Stephen Clarke: Gebrauchsanweisung für Paris

Barry Eisler: Paris is a Bitch / The Lost Coast

Don Winslow: Satori

Das Sommermärchen ist wahr: Maja Haderlap ist Weltmeisterin!

Wie ich haben Sie ja diese Woche und insbesondere am Wochenende ebenfalls gebannt an den Geräten geklebt und auf 3sat oder ORF die Tage der deutschsprachigen Literatur (TddL) verfolgt, deren krimiartig spannendes Finale heute Mittag Maja Haderlap in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Cup brachte.

In alter Tradition wurde ein Text ausgezeichnet, der inhaltlich so auch vor 50, sprachlich vor 100 Jahren hätte geschrieben worden sein können. Man darf ihn genau deswegen schätzen. Man könnte aber auch erst recht die Schultern hängen lassen, aus Solidarität mit einer Literatur des Hier und Jetzt, die in Klagenfurt durchaus auch stattfindet, aber von einer Jury, die nach eigenem Bekunden im Leben nie etwas anderes als Bernhard und Handke gelesen hat, aus Prinzip nicht verstanden wird. Das Spezialgebiet eines Jurymitglieds ist laut Offizielltext die Literatur des Mittelalters. Man hat das Gefühl, es ginge dem Rest der Jury nicht anders.

Aber wir wollen uns nicht zu sehr grämen, erfreulich war immerhin das Ergebnis des Fußballspiels der japanischen Kämpferinnen gegen die deutschen Schauspielerinnen (Bildzeitungswerbefernsehen).

„Deutschland Vs Japan 0:1 …“
Dieses Video ist aufgrund des Urheberrechtsanspruchs von FIFA nicht mehr verfügbar.

Das ändert freilich auch nichts am Ergebnis.

Moleskine, Moleskine – ich kann es nicht mehr hören!

Die Propeller
drehen sich.

Das Flugzeug
gewinnt Höhe.

Weite Reise
macht weise.

Das Reisen
ist Leben.

Das steht, nicht immer in dieser Reihenfolge und inzwischen in geringfügig überarbeitetem Wortlaut, seit 10 Jahren auf den Notizbüchern der Rollbahn-Reihe des japanischen Lifestylebüroartikelherstellers Delfonics. Der beste Geburtstag seit dem von Marshall McLuhan und Washlet. Seit ich diese Notizbücher kenne, kann ich in nichts anderem mehr schreiben. Kann ich schon, kommt aber nur Mist dabei raus. Hier mein erstes und mein aktuelles Rollbahn, zum ersten Mal in einer gemeinsamen Szene:

 

Nicht im Bild: Meine nächsten beiden Rollbahns, die schon, noch eingeschweißt, bereitliegen.

Zum Zehnjährigen ist ein Federmäppchen erschienen, in dem sich die einzigen Schreibwerkzeuge transportieren lassen, mit denen sich Literatur, nein: LITERATUR, schaffen lässt.

Bitte geben Sie Ihre Moleskine-Kladde zum Altpapier und schenken Sie Ihr iPad einem Berber. Außer Rollbahn brauchen Sie nichts. Vertrauen Sie mir.

告白: Ich habe Fußball gesehen, Kuh gegessen, und nichts gelernt

Heute machte ich mit der Arbeit früher Schluss und fing mit der Abendschule gar nicht erst an. Stattdessen ging ich in den Biergarten, schaute Fußball und aß in der Halbzeitpause ein Steak (engl., aus dem Altnordischen, steik -> braten). Und natürlich dachte ich: Huch, wie konnte das passieren? Wo ich doch sonst gerne pro Tier (lebend) und gegen Sport (hauptsächlich Fußball) töne. Der Steak-Aspekt bedarf zu ausschweifender Erläuterung und zu händeringender Rechtfertigung für dieses Umfeld, aber Fußball ist schnell erklärt, denn ich habe ja nicht irgendwelchen Fußball geschaut, sondern Frauenfußball. Da ist die Formel leicht: Fußball eigentlich nicht interessant, Frauen schon irgendwo interessant, ergo Frauenfußball nicht ganz uninteressant. Dann spielt noch ein gewisser Fußfetisch mit rein und die Tatsache, dass ich nicht irgendein Spiel gesehen habe, sondern Japan gegen England. Japan erst recht nicht uninteressant. England auch nicht zu verachten, aber wenn ich wählen müsste, Sie wissen schon. Von daher war das Ergebnis heute nicht so erfreulich, aber der Stachel sitzt nach zwei Stunden Biergarten auch nicht sonderlich tief. Außerdem ist Japan ja ohnehin im Viertelfinale. (Oder? Ich habe das doch richtig verstanden?!)

Gesellschaftlich war ich schon immer ein Wanderer zwischen den Welten, und beide Welten (also alle außer der dritten) haben schon versucht mich von meiner Fußball-Lethargie zu kurieren. So unterschiedlich die Welten auch scheinen mögen, sie sind sich in einem einig: Du musst mal mit ins Stadion, Alter! Meine stolzen, tapferen proletarischen Freunde sagten stets: „Alter, du musst mal mit in die Fankurve, da willste gar nicht mehr weg!“ Meine Etepetete-Bekannten aus der Etepetete-Society sagten: „Alter, du musst mal mit in die VIP-Lounge, wo unkomplizierte junge Dinger dir und Kai Pflaume Schnittchen auf die Zungenspitze legen!“ Ich habe beides ausprobiert. Die Fankurve war mir zu proletarisch, die Schnittchen zu etepetete, das Spiel in beiden Fällen egal.

Dann geschah letzten Freitag das: Durch Zufall erfuhr ich, dass Japan am Nachmittag in der Fußball-WM der Frauen gegen Mexiko spielen würde. Trotz der Teilnahme Japans hatte ich die Veranstaltung bis dahin nicht großartig verfolgt. Ich war ein wenig enttäuscht gewesen, dass die Japan Football Association nicht auf meinen Vorschlag eingegangen war, AKB48 zur Fußballnationalmannschaft zu erklären, sondern irgendwelche Frauen geschickt hatte, die ich gar nicht kannte. Aus einer Laune heraus jedoch verfolgte ich das Spiel gegen Mexiko per Textticker im Internet (yeah, Silver Surfers go, schreibt uns noch nicht ab, Kids!), und das stellte sich im Nullkommanichts als das Spannendste heraus, was ich jemals aufrecht sitzend gelesen hatte. Das war aber auch ein Spiel! Die überraschende Ono! Die emsige Kinga! Und die vom Himmel herab gestapfte Sawa! Die kannte ich alle gar nicht!

Aufgeregt rief ich in Japan an, um meiner persönlichen Weltmeisterin zum Sieg zu gratulieren, aber da kam nur: „Fußball? A[ch] so. Aber nur Frauen, oder? Haben wir gewonnen? Ich hab gerade CSI gesehen.“

4:0 würde ich nun nicht als ‚gewonnen‘ bezeichnen, sondern eher als Volksfest mit Bauchtanz, aber gut. Bin ich mit meiner Begeisterung eben allein. Auch wenn meine persönliche interdisziplinäre Weltmeisterin den Großteil meines Herzens zur freien Verfügung hat, weiß sie, dass da ein kleiner, abgelegener aber warmer Platz ist, der theoretischen Traumfrauen zur Eroberung durch sportliche Leistungen zur Verfügung steht. Sie hält sich da raus, und ich sag nichts gegen Matt Damon, so sind die Regeln. In der besagten Herzkammer könnte es ein wenig enger werden, denn die eine, die da jetzt schon wohnt, könnte bald Gesellschaft bekommen.

Ich weiß nicht viel über Homare Sawa, und heute war sie ein wenig schüchtern, aber das wird schon. Ich habe ein paar Bilder von ihr gegoogelt (das ist nichts Unanständiges, sondern ein menschlicher Urinstinkt), und sie wirkt auf mich wie jemand, der seine Passion sehr ernst nimmt. Das gefällt mir an Menschen. Ob ich die Passion teile oder nicht. Ich hoffe, sie macht noch ein paar Dinger rein, wenn es drauf ankommt. Und selbst wenn nicht, wohnt sie auf ewig in der Ruhmeshalle meines Herzes, wegen des sehr euphorisierenden Nachmittags am Ticker.

Bitte nicht verwechseln:

Fußballnationalmannschaft der Frauen

AKB48