Ich muss gestehen: Ich kenne mich mit Kuchen nicht aus. Meine japanische Frau kennt mehr deutsche Kuchenbezeichnungen als ich. Wie jeder normale Mensch fotografiere ich zwar gerne Süßspeisen, aber mein Appetit in dieser Richtung hält sich in Grenzen.
Da ich kein Mitglied der internationalen Kuchenliebhaberszene bin, war es mir vor meinem Besuch des Maison Able Café Ron Ron in Harajuku nicht bewusst, dass es sich bei dem Lokal nicht etwa um einen Geheimtipp handelte, sondern um einen wohl recht bekannten Pilgerort. Als ich dort gegen 11 Uhr vormittags eintraf, wurde mir gesagt, das Café und die Warteliste seien fürs Erste voll. Ich bekam ein Ticket, das mich berechtigte, mich in zwei Stunden vor dem Eingang in die Schlange zu stellen. Toll, dachte ich, dann kann ich ja vorher noch ordentlich Mittag essen (siehe Folge 1). Genau das war natürlich mein Fehler. Ins Maison Able Café Ron Ron geht man nicht mal eben so nach dem Essen. Ins Maison Able Café Ron Ron geht man, um aus deren Kuchen-Flatrate das bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis herauszuholen. Männer zahlen im Fließband-Kuchenparadies mehr als Frauen. Als ich das im Vorfeld meiner Frau erzählt hatte, meinte die, dass das den armen, benachteiligten Männern gegenüber ungerecht sei. Iwo, sagte ich, das ginge schon in Ordnung. Schließlich können Männer mehr essen als Frauen. Ich lernte: Generell vielleicht ja. Aber nicht Kuchen. Ich weiß nicht mehr, wie viele der kleinen Dinger ich geschafft habe. Es waren auf jeden Fall weniger als die, die die spindeldürren Mütter und kleinen Kinder, mit denen ich als einziger Mann die Tafel teilte, geschafft haben. Hier bin ich, wie man sieht, beim sechsten: Die Mütter und Kinder waren da schon locker bei über zehn jeweils, ich schwöre. Und die waren noch lange nicht fertig, während ich mich so langsam geschlagen geben musste. Ron ron ist übrigens das Geräusch, das Katzen (Abb. unten) auf Französisch machen. Wahrscheinlich hatte man sich beim Namen für das Café gegen den japanischen Begriff (nyan nyan) entschlossen, weil der im Slang nicht nur für Katzen steht, sondern auch für Vögeln. Auf dem Laufband ist nicht nur Kuchen. Das Überraschendste habe ich leider nicht solo fotografiert, aber es ist hier mit im Bild, auf dem sechsten Teller von links: Eine umgestürzte Eiswaffel mit einem Inhalt, der optisch Vanilleeis oder Sahne sein könnte. Ich beobachtete, wie ein kleines Mädchen davon kostete, einen hysterischen Speianfall bekam und sich vom mütterlichen Taschentuch nach alter Sitte den Mundinnenraum säubern lassen musste, bis es sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Klar musste ich das auch probieren. Es handelte sich um Kartoffelsalat. Wirklich, wer macht denn sowas? Das nächste Mal glaube ich dem Kind. Am nächsten Tag ging es mir wieder gut genug, um im Eisbärencafé in Takadanobaba einzukehren. Die Einrichtung basiert auf einem Manga, den ich nicht kenne. Meine Grizzly-Schnitzel-Stulle hat mir trotzdem geschmeckt. Mumins-Cafés gibt es etliche in Tokio. Mir hat sich der Reiz der skandinavischen Kreaturen nie erschlossen, aber essen kann man’s mal. In Yokohama sah ich mir bei Tokyu Hands an, wie man selbstzubereitete Speisen elegant verpacken kann. Wieso denn Yokohama? Gibt es etwa kein Tokyu Hands in Tokio? Natürlich gibt es das. Ich war in erster Linie in Yokohama, um mir das Unko-Museum anzusehen, das sich die Verniedlichung menschlichen Kots auf die Fahnen geschrieben hat. Und damit hätten wir auch wieder geschmackssicher den Bogen zum Kuchen geschlagen.