Die Jüngeren wissen es vielleicht noch nicht: Ich kann Halloween nicht leiden. Weder das kulturell entwurzelte Importfest, diese Horror-Amateurveranstaltung (alternativer Bindestrich: Horroramateur-Veranstaltung), noch die Filmserie, die niemals eine hätte werden dürfen. Also bekomme ich zur Halloween-Zeit immer ganz miese Laune und hervorragende Ideen, diese noch zu steigern. Diesmal: Warum gucke ich mir nicht mal wieder alle Halloween-Filme an? Und falls damit nicht genug Zeit verschwendet sein sollte: Warum schreibe ich nicht meine Gedanken und Gefühle dazu in meinen Blog hinein?
Ganz so schwer wollte ich es mir dann allerdings doch nicht machen und beschloss, mich allein auf die erste Staffel zu konzentrieren (1978 – 1995). Die Rob-Zombie-Filme habe ich stets gemieden und möchte es dabei belassen. Ich nehme Rob Zombie ab, dass er Horrorfan ist. Horrorregisseur ist er nicht. Und die aktuelle Trilogie ist mir zu aktuell, darüber mache ich mir in frühestens dreißig Jahren Gedanken. H20 von 1998 habe ich als „ganz gut“ in Erinnerung, und gute Filme sind hier nicht Sinn der Sache. Außerdem hatte ich beschlossen, nicht in chronologischer Reihenfolge vorzugehen, sondern in lustbasierter. Los ging es (nerviges Synthie-Gegniedel setzt ein) mit Halloween II: Das Grauen kehrt zurück von 1981, weil ich den Verdacht hatte, diesem Film zeit meines Lebens Unrecht getan zu haben. Das erste und bislang einzige Mal sah in ihn als Teil einer Gruppe betrunkener männlicher Teenager in der VHS-Ära. Es war nicht der erste Film des betreffenden Abends, und ich muss wohl eingeschlafen sein. In jugendlicher Arroganz rechnete ich das stets dem Film an, nicht etwa dem Dosenbier. Diesmal blieb ich wach. Schönster Moment des Films: Nachdem die Trottel vom Haddonfield PD auf der Jagd nach Michael Myers gerade versehentlich einen unschuldigen minderjährigen Passanten überfahren und in Brand gesteckt haben (damals explodierten amerikanische Polizeiautos ja noch sofort bei Zusammenstößen mit Fußgängern), damit der meschuggene Dr. Loomis ihn nicht abknallen kann, hält sich keiner der Beteiligten lange mit Gewissensbissen, Schuldgefühlen oder Selbstkritik auf. Auch später, als kein Zweifel mehr daran besteht, dass der Falsche verschmort wurde, legen die Männer eine bemerkenswert gelassene „Tja, dumm gelaufen“-Attitüde an den Tag. Schönster Dialog außerhalb des Films: Ehefrau: „Oh, ist das Sigourney Weaver?“ Ehemann: „Nein, die andere.“ Ehefrau: „Ach ja, genau.“ Gut, ist vielleicht nicht gerade Shakespeare. Dasselbe lässt sich allerdings auch über die Dialoge in Halloween II sagen. Über die Handlung sowieso. Die einzige Überraschung ist, dass Laurie sich als die Schwester von Michael herausstellt. Darauf baut der gesamte Rest der Serie auf, und damit wäre Halloween II so etwas wie das Das Imperium schlägt zurück unter den Halloween-Filmen. Ich bin übrigens fest davon überzeugt, dass Das Imperium schlägt zurück von den sogenannten Star-Wars-Fans in der Luft zerrissen würde, käme derselbe Film heute raus. Zu viele unvorhergesehen Wendungen und Enthüllungen. Die massive Amateurkritik an Die letzten Jedi ist schließlich nahezu komplett erfasst mit: „In unsrem Alter möchten wir um Gottes Willen von nichts mehr überrascht werden und nichts erfahren, was über unsere eigenen Spekulationen hinausgeht.“ Aber das nur am Rande; hier soll es ja, wie gesagt, nicht um gute Filme gehen. Obwohl ich gestehen muss, dass mir Halloween II als aufs Wesentliche reduzierte Vintage-Unterhaltung durchaus gut gefallen hat. Wenig Handlung, wenig Figurenentwicklung, wenige dramaturgische Durchhänger. Danach hatte ich tatsächlich doch ein bisschen gute Laune und Lust bekommen, weiterzumachen. Also nach Teil 2 gleich Teil 4. War der zweite Film mental und ästhetisch noch fest in den geschmackssicheren 70ern verankert (kulturell lassen sich Dekaden ja nicht nach Kalenderangaben trennen), so ist Halloween IV: Michael Myers kehrt zurück voll und ganz in den 80ern angekommen. Das merkt man schon daran, dass die neue Protagonistin keine Halbstarke ist, sondern ein waschechtes Kind. Die kleine Danielle Harris macht ihre Sache sehr gut. Leider kann ich das von den Großen nicht behaupten. Wer auch immer das Drehbuch geschrieben hat (es nachzuschlagen, wäre zu viel der Ehre), hat sich rein gar nichts einfallen lassen. Die Handlung ist mit dem Filmtitel erschöpfend zusammengefasst. Ein Großteil der Morde findet abseits der Kamera statt. Merke: Was in einer Agatha-Christie-Verfilmung funktioniert, funktioniert nicht zwangsläufig in einem Slasher-Film. Optisch merkt man dem Film sein Alter beziehungsweise seinen Mangel an Alter daran an, dass sich die Verantwortlichen hier bereits bewusst gewesen sein mussten, dass er im Kino nicht viel reißen würde. Mit vielen Nahaufnahmen und Halbtotalen und einer Farbdramaturgie ohne Eier in der Hose ergibt sich Halloween IV den Anforderungen des Heimkinomarktes. Dass die Fernseher mal größer, breiter und hochauflösender würden, konnte damals noch keiner ahnen. Selbst wenn, hätte es wohl keinen Unterschied gemacht, denn dieser Film war bestimmt nicht für die Ewigkeit gedacht. Dass er dennoch überdauert hat, ist ein Irrtum der Geschichte. Gott sei Dank hatte ich nun wieder schlechte Laune, also gleich weiter mit Halloween V: Die Rache des Michael Myers. Danielle Harris ist wieder die Wucht in Tüten, und der Film ist um einiges dynamischer erzählt als sein Vorgänger, aber in meinem Zustand konnte man mir gar nichts rechtmachen. Viel zu hektisch und hysterisch das Ganze. Was soll das denn um diese Uhrzeit? Die Leute wollen schlafen! Also mittendrin umgeschaltet zu Halloween III, dem einzigen Film der Serie, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, und der einzige Film der Serie, der kein Film der Serie ist, sondern nur so heißt. Über ihn wurde damals nach dem ersten Schock so ausdauernd und beharrlich behauptet, dass er total unterbewertet sei, dass er heute total überbewertet ist. Mich erinnerte er ein wenig an die Fernsehserie Evil, nur ohne das sympathische Ermittlertrio. Und ohne all die anderen Qualitäten. Bald hatte ich etwas viel Besseres gefunden, als Halloween III zu gucken: So lange immer wieder stupide die Aktualisieren-Schaltfläche des Browsers zu bedienen, bis die nächste Staffel von Evil endlich auftauchte. Also erst mal zwei Folgen Evil, dann weiter mit Halloween III. Das ging mir alles viel zu langsam. Also zurück zu Halloween V. War leider immer noch nicht besser geworden. In seinen schlimmsten Momenten, und das sind nicht wenige, wirkt dieser Halloween-Film wie ein Freitag-der-13.-Film. Ich weiß, das klingt gemein, aber es ist wahr. Der eine Film langweilte mich, der andere nervte. Und nachdem ich wegen Kurzurlaub eine zweitägige Halloween-Zwangspause einlegen musste … … sah ich die Lösung meines Problems klar vor meinen Augen: Einfach aufgeben! Niemand zwang mich! So kam es, dass ich nach der Heimkehr sofort alle Halloween-Filme aus meiner Liste löschte, die danach weitaus verführerischer aussah. Ich würde Teil 3 und 5 nicht mehr zu Ende sehen, und mit Teil 6, dessen Existenz ich im Vorfeld völlig vergessen oder verdrängt hatte, ebenso wenig anfangen wie mit dem ersten, den ich bisher in keinem Lebensalter mehr als „ganz okay“ zu finden gelernt habe (oh, was habe ich es versucht). So fühle ich mich nun wieder frei. Der Fluch des Michael Myers ist nahezu buchstäblich von mir genommen. Genauso wie „die Rückkehr“ und „die Rache“. Ich kann mich nun wieder angenehmeren Projekten widmen, beispielsweise meinen geplanten Subspecies– und Maniac Cop-Retrospektiven. Und ich kann mich auf erfreulichere Feiertage freuen.