Seit Japan nicht mehr zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ist, kommen sich andere Länder plötzlich mächtig groß vor. Im September nahm die japanische Küstenwache die Mannschaft eines chinesischen Fischerbootes fest, weil es in Gewässern fischte, die Japan für japanisch, China für chinesisch und Taiwan für taiwanisch hält. Daraufhin setzte China Waren- und Schüleraustauschprogramme aus, klingelte mehrfach den japanischen Botschafter zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett, sagte Verabredungen unter Politikern ab, nahm seinerseits ein paar Japaner fest, forderte Entschuldigungen und drohte damit, unter Umständen mit etwas richtig Schlimmen zu drohen. Inzwischen wurden alle Fischer wieder auf freien Fuß gesetzt, aber beide Seiten sind immer noch bockig. Da nutzte der russische Präsident Dmitri Medwedew die Gunst der Stunde und besuchte staatsmännisch eine Insel, die Japan für japanisch und Russland für russisch hält. Japan holte seinen Botschafter heim, auf beiden Seiten wurde viel gezickt, Medwedew sagte, es habe ihm so gut gefallen, dass er vielleicht bald noch ein paar andere Inseln bereisen wolle, deren Zugehörigkeiten unzulänglich geklärt sind.
Aber jetzt schlägt’s 13. Die Holländer halten ein Kaninchen für holländisch, das Japan für japanisch hält. Ein Gericht in Amsterdam hat sich in die Sache eingeschaltet und den Landsleuten recht gegeben. Produkte mit Cathy, einer Freundin von Hello Kitty, dürfen nicht mehr in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg verkauft werden, weil die Figur zu große Ähnlichkeit mit dem holländischen Cartoon-Hasen Miffy (im Original: Nijntje) hat. Internetrecherchen haben ergeben, dass Cathy eine sanfte Natur hat und immer zuerst an andere anstatt sich selbst denkt. Es liegt aber tatsächlich die Vermutung nahe, dass der Cathy-Erfinder auch zuerst an andere gedacht hat, vermutlich an Miffy. Die Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Möglicherweise könnte man sogar von einer gezielten japanischen Provokation sprechen. Schließlich galt schon Kitty-chan vielen unabhängigen Beobachtern als ein Miffy-Plagiat, das wurde aber nie juristisch bestätigt. Es bleibt abzuwarten, ob Holland jetzt alle Miffy-Produkte aus Japan abzieht. Es wäre ein schwerer Schlag für die Niedlichkeitskultur, denn Miffy ist drüben durchaus beliebt. Hier ist ein kühler Kopf und diplomatisches Fingerspitzengefühl gefragt. Apropos Kaninchen Kürzlich hatte ich selbst Besuch aus Japan (er verlief weitgehend friedlich). Der Besuch wusste um meine Begeisterung für japanische Büroartikel mit deutschen Schriftzeichen und brachte mir u.a. einen Taschenkalender mit diesem wunderbaren Aufdruck mit: Im Licht der jüngsten Ereignisse hat das Präsent freilich ein wenig von seiner Unschuld eingebüßt.