Lieber Journalismus, bitte nehmen Sie sofort Ihren Finger aus meiner Wunde, meine Nippel tun schon genug vom Laufen weh!

Mitunter halte ich mich in der Küche auf, dort läuft immer das Radio. In meinem Radio laufen zum Glück nur gute Sendungen, über Bücher, Revolutionen und Neuerscheinungen der Deutsche Grammophon. Aber manchmal vergreifen sich die Moderatoren im Ton, so wurde unlängst ein Sachbuchautor für einen Journalismus gelobt, „der den Finger in die Wunde legt.“

Ich finde daran nichts Lobenswertes. Hat es irgendeiner Wunde je bei der Heilung geholfen, dass ein Finger in sie gelegt wurde? Sicherlich kann man mit dem in die Wunde gelegten Finger auf diese aufmerksam machen. Aber die meisten Wunden sind ja nicht gerade so gut versteckt, dass ohne Sado-Journalisten niemand etwas von ihnen mitbekommen würde. Sollte ein ordentlicher Journalismus nicht lieber einer sein, der bei Anblick einer Wunde ruft: „Ist zufällig ein Arzt anwesend?!“ Ein Journalismus, der Wunden heilt, oder zumindest zur Heilung von Wunden beiträgt. Das wäre ein Journalismus, den ich mir loben würde.

Es gibt nichts Schrecklicheres als die Phrase vom Finger in der Wunde. Außer Krieg und Hungersnot vielleicht. Oder Schimmel auf dem Pesto, oder das gemeinsame Album von Lou Reed und Metallica. Eigentlich gibt es jede Menge Schrecklicheres als die besagte Phrase, wenn man es genau bedenkt, aber ich reagiere in letzter Zeit häufig voreilig und emotional, weil meine Nippel so sensibel sind.

Sie wissen ja, mir ist da neulich wg. Midlife-Crisis ein Malheur passiert, und jetzt muss ich immer viel laufen, und zwar nach Anleitung, sonst wird das nichts. In meiner Anleitung ist eine Merkliste, was man nicht einzupacken vergessen darf, wenn man sich auf den Weg nach bzw. zum Marathon macht. Ein paar der Dinge leuchteten mir sofort ein (Schuhe, Socken, Seife), aber einen Punkt fand ich doch albern: „Pflaster (Brustwarzen)“. Das war mir zu kinky, ich will schließlich Marathon laufen, nicht CSD-Parade. Eins nach dem anderen.

Aber inzwischen weiß ich: Menschen, die Bücher übers Laufen schreiben, wissen oft mehr über das Laufen als Menschen, die Bücher über das Laufen bloß lesen und hinterher leicht süffisant dumme Witzchen darüber machen.

Meine Brustwarzen tun höllisch weh.

Aber ich habe daraus gelernt und renne nicht mehr ohne Pflaster aus dem Haus. Tatsächlich sind meine Nippel in genau diesem Moment überklebt, und ich fühle mich gut dabei. Ein Foto erspare ich Ihnen. Würde ich selbstverständlich nicht ersparen, wenn ich Hello-Kitty-Pflaster hätte, aber die gibt es leider nicht in Erwachsene-Brustwarzen-Größe. Selbstverständlich habe ich danach gesucht, was ist denn das für eine komische Frage?! Für mein Laufprogramm habe ich aber nur dies aus dem HK-Programm gefunden:

Das Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack (fantastisch: Bye-bye, Boo Boo! Hello, Kitty!) hilft bestimmt auch, wenn einer einem mal wieder einen Finger in die Wunde gelegt hat. Ich bin für einen Journalismus, der das Hello Kitty Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack auf die Wunde legt!

Diese neuen Besprechungen aus meinem Besprechungslabor legen keinen Finger in die Wunde, sie haben keine Ecken und Kanten, sitzen nicht zwischen Stühlen und sie gehen auch nicht an Grenzen. Sie gehen nur soweit die Nippel tragen:

Film

Haunters

The Man from Nowhere

Paranormal Activity – Tokyo Night

Buch

Laura Joh Rowland: Der Wolkenpavillon

Haruki Murakami: 1Q84 Buch 3

Ich bin Nummer 13191

Beim Pflegen meiner Korrespondenz ist es mir heute wieder eingefallen: Ich habe mich für den Tokyo Marathon im nächsten Februar angemeldet. Nun ist es mir ein Anliegen, dies öffentlich zu machen, um mir weniger Fluchtmöglichkeiten zu lassen.

Ende August lief die Anmeldefrist ab. Ich war lange unentschlossen, ob ich noch ein Jahr warten sollte oder nicht, aber man weiß ja, wie schnell aus einem Jahr zehn werden. Ich wollte nicht riskieren, dass mir die jüngst diagnostizierte Gicht (Abb. unten) noch den ganzen Fuß abbeißt, bevor ich die Chance habe, einmal im Leben bei diesem Unsinn mitzumachen.

Ich beschloss, mir im August die Seele aus dem Leib zu laufen, um so meine Verfassung zu prüfen und auf Grundlage dieser Prüfung meine Anmeldung abzuschicken oder nicht. Dann war es aber total heiß, und ich dachte mir: Ich bin doch nicht blöd! Mutige Entscheidungen kann man auch anders treffen, nämlich indem man auf dem Sofa liegt und so lange Bockbier in sich reinkippt, bis man alles unterschreibt. Das habe ich dann gemacht.

Abends noch zu heiß, abends schon zu dunkel, morgens zu viel Arbeit, Fuß kaputt (wir berichteten). Obwohl ich dank Zipperlein und Launen also noch nicht so intensiv im Training bin, wie man es sechs Monate vor dem Lauf sein sollte, fühle ich mich gut vorbereitet. Ich habe schon ein Buch über Marathonlaufen gekauft und rechne fest damit, dass ich es bald wiederfinde. Ich suche übrigens darüber hinaus auch noch nach Sponsoren (am liebsten Sanrio).

Einen Haken hat die Sache: es melden sich immer neunmal so viele Bekloppte an, wie letztendlich teilnehmen dürfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich wirklich von Regierungsgebäude bis Big Sight zu Fuß laufen muss, ist also zum Glück gering.

Weniger anstrengendes Thema: Ich alter Omega-Blogger habe mal wieder anderswo was Anderes geschrieben. Nämlich Filmbesprechungen:

Colombiana

Garden of Sinners – Film 4: Der leere Tempel

Und Buchbesprechungen:

Jean-Christophe Grangé: Im Wald der stummen Schreie

Timothy Hallinan: Die Poke-Rafferty-Romane

Leif Randt: Schimmernder Dunst über Coby County

Stu Levy macht einen Film, und wir alle machen mit!

Im März war Stuart Levy in Japan, um seinen amerikanischen Manga-Verlag Tokyopop ordentlich abzuwickeln (die deutsche Filiale steht noch, keine Bange). Schlimm genug, aber während seines Aufenthalts kam es bekanntlich zu einer weitaus größeren Katastrophe. Da er inzwischen keinen Job mehr hatte, zu dem er umgehend zurückkehren musste, blieb er im Land, half aufräumen und leierte einige originelle Hilfsprojekte an. Nun arbeitet er an einer Filmdokumentation über den Wiederaufbau der Tohoku-Region. In dieses und viele seiner anderen Projekte hat er beträchtliche Teile seines eigenen Ersparten gesteckt. Für die Fertigstellung des Films wird das Geld allerdings knapp, deshalb stecken jetzt Sie und ich unser Erspartes hinein. Über Kickstarter spenden wir alle 5 bis 10.000 Dollar für die Finanzierung des Films und bekommen je nach Höhe der Spende ein paar warme Worte in einem Internet-Video, eine Nennung im Abspann des Films, jede Menge Sachpreise oder den Titel des Ausführenden Produzenten. Es sind nur noch wenige Tage Zeit, und das Ziel von 20.000 Dollar ist noch nicht erreicht. Hätte ich auch früher mit ankommen können, aber Sie kennen mich ja.


Falls Ihnen der Titel des Films nicht geheuer ist: Sie müssen nicht beten, nur zahlen. Vielen Dank schon mal an dieser Stelle, wir sehen uns im Abspann.

Sie können mich mal gernhaben (ich habe Sie ohnehin gern!)

Sie haben bestimmt bemerkt, dass vor kurzem unter den Beiträgen hier überall Knöpfe aufgetaucht sind, die vorher nicht da waren. Trauen Sie sich, drücken Sie ruhig mal drauf, dann passiert irgendwas! Nein, ich habe nicht angefangen zu twittern, zumal ich nach wie vor nicht so ganz genau weiß, was das eigentlich ist. Und auch zukünftig werde ich netzwerktechnisch asozial bleiben. Aber Ihnen, untertänigst verehrte Leserinnen und Leser, möchte ich fürs erste nicht mehr vorschreiben, was Sie zu tun oder zu lassen haben. Deshalb dürfen Sie mich jetzt durchaus weitertwittern, auch wenn mir die Sache nicht ganz geheuer ist. Und Sie können mich mal liken, Sie wissen schon wo.

Ich werde die Sache mit kritischem Auge beobachten. Sollten die Ergebnisse zu beschämend sein, nehme ich den Unsinn wieder runter. Ich hoffe, das geht.

Wo der Computer schon mal an ist: Es gibt wieder mal anderswo Anderes von mir zu lesen. So habe ich unlängst beim Fünf-Bücher-Projekt den Dicken gemacht. Bitte kaufen Sie meine fünf Bücher und alle anderen fünf Bücher, es ist gleich doppelt für einen guten Zweck (Ihr Lesevergnügen und eine wohltätige Organisation).

Auch für einen guten Zweck: Am nächsten Donnerstag, den 28. Juli, liest Christine Bongartz in Bremen aus meiner Gebrauchsanweisung für Japan, musikalisch begleitet von Naoko Marutani. Alle Fakten hier.

Und es gab neues zu besprechen:

Film

Garden of Sinners Film 2: Morderverdacht Teil 1

Gothic & Lolita Psycho

Kite Liberator – Angel of Death

Monga – Gangs of Taipeh

Buch

Stephen Clarke: Gebrauchsanweisung für Paris

Barry Eisler: Paris is a Bitch / The Lost Coast

Don Winslow: Satori

Düsseldorf Underground

Dieses Wochenende bin ich wegen schlimmen Fußes an den Schreibtisch gefesselt.

Aber letztes Wochenende war ich gut unterwegs in Düsseldorf, wohin mich das germanistische Studierendenprojekt „Reiseliteratur“ der Heine-Universität zu einer Lesung in gediegenem Ambiente eingeladen hatte.

Der Düsseldorfer Hauptbahnhof war voller Cosplayer (ich war ein wenig enttäuscht zu erfahren, dass sie nicht wegen der Lesung gekommen waren, sondern immer dort rumlungern), mein Hotel war voller holländischer Hell’s Angels (ich war nicht enttäuscht, dass sie nicht wegen der Lesung gekommen waren, sie entpuppten sich aber beim Frühstück als sehr umgängliche Gesellen). Mehr Worte möchte ich gar nicht verlieren, denn die Zeitung war da und der Literatur-Blog Legimus sowieso. Legimus-Chefin Vanessa Lellig war nicht nur die treibende Kraft hinter der Organisation der Veranstaltung, sondern auch so nett mich zu interviewen. Ihr und der fleißig fotografierenden Aljona Merk und allen anderen Beteiligten von Uni und reinraum e. V. und natürlich den freiwilligen Gästen unten und oben sei mindestens tausend Dank für den schönen Abend, Onigiri, Alt und Pils.

Wo ich gerade mit Links in die große weite Welt nur so um mich schmeiße: Es gibt ein paar neue Film- und Buchbesprechungen da draußen.

Bedevilled – Zeit der Vergeltung

Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen

Garden of Sinners – Film 1: Thanatos

War of the Wizards

William Gibson: Die Idoru Trilogie

Happy Hunni!

Hey, Kids – ich sag euch, was abgeht! Zieht euch das rein: In diesem Jahr hätte Marshall McLuhan 100. Geburtstag, würde er noch leben! Nein, nicht der Regisseur von Strictly Ballroom, sondern der mit „Das Medium ist die Botschaft“ und der mechanischen Braut und so, heißer Scheiß, krasse Sachen. Der crazy Alte aus dem Movie von Woody Allen, dem Regisseur von Scarlett Johansson.

Der Typ, der schon im Internet war, als Internet noch Fernsehen hieß.

Was soll man über den noch schreiben, es ist doch alles schon geschrieben? Bleibt nur zu sagen: Happy B-day, McLulli, alte Socke!

Who put the H in daijoubu?

Es geht in der Welt weitaus Gewichtigeres schief, aber es ist mir dennoch ein Anliegen: Womöglich haben Sie meinen Essay Das Lächeln hinterm Mundschutz im Japan-Extraheft gelesen, das der Ausgabe 11/12 des Focus beilag, und sich gewundert, dass der Begriff ‚daijoubu‘ darin durchgehend mit einem Fantasie-H zu ‚dahijoubu‘ gemacht wird. Nicht? Ach so. Ich hab mich schon gewundert. Man soll nicht mit dem Finger auf Menschen zeigen, deshalb halte ich meine Handflächen nur abwehrend vor den Körper und sage mit Shaggy: It wasn’t me! In meinem Originalmanuskript findet sich nur die korrekte romanische Schreibweise.

Aber ist in Ordnung.

An anderer Stelle gibt es ein paar neue Filmbesprechungen:

Bad Blood – Fight Without Mercy

City of Life and Death

I Saw the Devil

Kite – Angel of Revenge

Voyage of the Rock Aliens

Aktualisierung 23. 4.: auch das noch

Barfuß durch die Hölle

Crossfire

Fighting Beat 2

Higanjima – Insel der Vampire

Ip Man Zero

Macabre

Zwei Schweineartikel, die ich zum Glück nicht geschrieben habe (und weitere Schweinereien)

Selbstverständlich habe ich ein iPig gekauft, Sie ja hoffentlich auch.

Es hat einen guten Klang und ist kleidsam für jeden Raum. Seit Wochen will ich meine Freude mit der Welt teilen, doch fehlen mir die Worte. Zwei halbgare Fragmente warteten Internet-Ewigkeiten im Entwurfslimbo, bis ich mir eingestehen musste, dass ich am Schwein gescheitert bin. Unser Verhältnis bleibt ungetrübt, wir werden weiterhin wunderschöne Stunden miteinander verbringen, das kleine Ferkel und ich, aber wir werden sie für uns behalten. So wie diese beiden Artikel, die nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden:

1. verworfener Schweineartikel: 10 Dinge, die man zu seinem iPig sagen kann

Es gibt im Deutschen unglaublich viele Redewendungen und Verbalinjurien um Schweine, Säue und Ferkel, eine lustiger als die andere. Aber wenn man davon wirklich etwas Sinnvolles zu seinem Musikschwein sagen möchte, bleiben mal gerade drei übrig:

  • „Komm raus, du Sau!“ (bei Erhalt der Ware)
  • „Ich glaub, mein Schwein pfeift!“ (bei Bedienungsfehler oder Bobby McFerrin)
  • „Das ist doch Schweinerock!“ (Led Zeppelin u.ä., hab ich aber nicht)

Zugegeben, ich bin schon auf 10 gekommen, aber darunter ist wenig mit direktem Schwein- und Musikbezug, und viel verzweifelt Sinnloses, wie: „Es gibt Schweinelachs!“, oder: „Hic porci cocti ambulant!“ Damit macht man dem Tier nur Angst.

2. verworfener Schweineartikel: Das total süße, schielende Schweinchen (Internet-Kult!) sagt die Oscar-Gewinner voraus

Pustekuchen! Gar nichts hat das Schwein gesagt! Und ich bin in dieser Angelegenheit viel zu leidenschaftslos, um Ihnen hintenrum durchs Schwein eigene Prognosen oder Wünsche unterzujubeln. Das hat das Schwein nicht verdient, und Sie auch nicht. Ich habe keinen Favoriten. Ich werde sogar zum ersten Mal seit Jahren gut gelaunt früh zu Bett gehen anstatt mürrisch aufzubleiben. Nein, es hat nichts damit zu tun, dass der famose offizielle Vorschlag der japanischen Delegation gar nicht erst für den Fremdsprachenoscar nominiert wurde. Oder dass mein Favorit für den Englischoscar, den ich ja gar nicht habe, genau genommen bloß ein Abklatsch eines japanischen Films ist.

Abklatsch ist ja auch nicht mehr schlimm. Kein Schwein muss um sein Amt fürchten, wenn es etwas abklatscht oder abklatschen lässt. Nationaler Skandal ist das nur, wenn es ein minderjähriges Mädchen in einem ausgedachten Roman tut. Wenn es erwachsene Männer in wissenschaftlichen Arbeiten und Lebensläufen tun, zum Beispiel, ist es halb so wild.

Bei diesem hypothetischen Thema fällt mir ein, dass mir vor ein paar Jahren auch einmal das Angebot gemacht wurde, gegen eine Unkostenbeteiligung meinen versäumten Universitätsabschluss nachzumachen ohne etwas zu machen. Für einen geringen Aufpreis und ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand meinerseits wäre auch ein Doktor-Upgrade drin gewesen. Ich habe damals davon abgesehen, weil ich dem Sicherheitszertifikat der Website hinsichtlich der Übertragung meiner Kontodaten nicht genügend vertraute, und weil ich fürchtete, es könnte berufliche Konsequenzen haben, wenn die Chose auffliegt. Letzteres war freilich blauäugig.

Die Nachrichten: Jetzt schon an Weihnachten denken

Das nächste Weihnachtsfest kommt bestimmt. Falls Sie immer noch nicht wissen, was Sie Ihren Lieben dann unter den Baum legen, fällt mir etwas ein: Als im Frühjahr letzten Jahres die zweite Auflage meines Buches Gebrauchsanweisung für Japan erschien, kam mir das zeitlich so ungelegen, dass ich gar nicht dazu gekommen bin, an dieser Stelle angemessen damit zu prahlen. Das möchte ich nun gerne anlässlich der dritten Auflage nachholen, die in diesem Monat in die Welt entlassen wird. Das Buch sieht aus wie immer, wurde aber innendrin, wie auch schon in der zweiten Auflage, stellenweise verfeinert. Der Yen wurde aufgewertet, Japan als Wirtschaftsmacht dennoch herabgestuft, die Welt hat jetzt einen Plattenladen und The Brilliant Green ein Mitglied weniger.

Weitere Nachrichten für Sie im Überblick: Beim Manifest gibt es eine neue Filmbesprechung von mir, nämlich Ip Man 2. Kostenlos, aber nicht umsonst. Weitere Trachten Prügel in Vorbereitung.

Aktualisierung 27. 2.

Außerdem aktuell geprüft und bewertet:

Dream Home

King of Thorn

Ong Bak 3

The Resident

Fischstäbchen aus dem Weltall

Männer und Frauen müssen manchmal Kompromisse eingehen. Etwa im Kino, wenn sie partout nicht Paranormal Activity: Tokyo Night sehen mag, und er sich nicht für Knight and Day erwärmen kann. Dann ist beiden am besten gedient mit einem Film, der beide nicht die Bohne interessiert, zum Beispiel Space Battleship Yamato. Eine hoch emotionale Angelegenheit für Millionen von Menschen, denen die zugrundeliegende Zeichentrickserie (int.: Star Blazers) eine wohligwarme Kindheitserinnerung ist. Meine Kino- und Lebensbegleitung und ich gehören nicht zu diesen Menschen, aber die günstige Anfangszeit des Films hat uns restlos überzeugt.

Die Yamato ist ein Raumschiff im Wortsinne, soll heißen, es sieht wirklich aus wie ein Schiff, bloß dass es durchs Weltall schippert. Da ist es nur angemessen, dass der Kapitän aussieht wie ein alter Seebär, gespielt von dem lustigen Alten aus Nokan – Die Kunst des Ausklangs. Der liegt aber die meiste Zeit krank im Bett. Die Rettung der Erde vom Weltraum aus liegt in der Hand eines gut geföhnten jungen Hitzkopfes, der wie jeder Held in jedem japanischen Unterhaltungsfilm von einem Mitglied der Herrenband SMAP gespielt wird.

Jeder erlebt die Magie, die Space Battleship Yamato ist, auf seine eigene Art und Weise. Meine Begleitung berichtete hinterher, der Herr mittleren Alters links neben ihr (nicht zu verwechseln mit mir) habe über weite Strecken des Films hemmungslos geweint. Die beiden Mädchen rechts von mir hingegen mussten nur häufiger mal auf die Toilette. Oder Textnachrichten verschicken, oder was man sonst so in diesem Alter dringend zu zweit tun muss. Ich selbst blieb ungerührt an Ort und Stelle, vor allem auch, weil ich den ewigen Kampf gegen den Schlaf hier und da vorübergehend verlor. Nicht ausschließlich eine Frage des Films, auch eine des Lifestyles. Aber der Film war keine große Hilfe. Auch nicht die Blicke meiner Begleitung, die anzudeuten schienen, dass das alles meine Schuld sei. Dabei war Space Battleship Yamato ungelogen ihr Kompromissvorschlag, den ich lediglich abgenickt hatte.

Weil ich auf dem japanischen Ohr manchmal ein wenig taub bin, fragte sie nach dem Film: „Hast du denn auch alles verstanden?“

Ich sagte: „Also, diesen Film versteht nun wirklich jeder, der schon mal einen Science-Fiction-Film gesehen hat. Auch ganz ohne Ton.“

„A so. Deshalb hab ich ihn vermutlich kein Stück verstanden.“

Nach allem, was man so hört, ist Space Battleship Yamato bzw. Star Blazers vor allem wegen seiner faschistoiden männerbündischen Rituale und klaren militärischen Hierarchien so beliebt. Fans nah und fern seien beruhigt, all das hat den Real-Relaunch überlebt. Auch im modernen Kinofilm gibt es sie, die zackigen Begrüßungen, die schnieken Uniformen und den ekligen Gruppenmief herrlichen Teamgeist. Geändert hat sich allenfalls, dass inzwischen auch die Mädchen richtig mitmachen dürfen, wenn Außerirdische abgeknallt werden. Wenn es um das finale Opfer zum Wohle von Mutter Erde geht, ist das aber doch alleine Männersache, denn die Frauen werden noch zum Gebären gebraucht, sie müssen vor der Selbstmordmission also schnell in Sicherheit gebracht werden.

Wer bei so viel Romantik zum Schluss noch immer keinen Kloß oder sonstwas im Hals hat, der bekommt noch eine heisere Power-Ballade um die Ohren gedonnert, die den Rest erledigt. Ich dachte gleich: Oh je, wieder so eine schäbige J-Rock-Band, die mit abgedroschenen Phrasen in schlecht gereimtem Englisch versucht, wie Aerosmith zu klingen. Hatte ich mich aber geirrt, und ich entschuldige mich in aller Form bei allen schäbigen J-Rock-Bands. Der Song im Film stellte sich als written and performed by Steven Tyler heraus.

Noch besser: