Seit es Mensch und Tier gibt, stellt sich der Mensch die Frage: Was ist der Unterschied? Meine Antwort wäre, dass der Unterschied darin besteht, dass Tiere sich diese Frage nicht stellen. Aber das ist unwissenschaftlich. Wer weiß schon, welche Fragen einen Nacktmull den lieben langen Tag lang beschäftigen (oder sind die nachtaktiv?).
Tiere haben keine Seele, sagen die einen. Tiere haben keinen Humor, sagen die anderen. Das eine ist keine Basis für eine vernünftige Diskussion, das andere wurde inzwischen widerlegt (durch Forschung, nicht durch Ronny’s Popshow). Die früheren Annahmen, Tiere würden keine Werkzeuge benutzen, könnten nicht treu und nicht homosexuell sein, gelten ebenfalls als überholt. Ein Mensch sagte mir einmal, der Unterschied zwischen uns und Tieren sei eine gute Handschrift. Ich weiß aber nicht, wie das gemeint ist. Meine Handschrift ist nicht wesentlich besser als die meines Wellensittichs selig. Aber ich bin ein menschliches Wesen! Einen nachvollziehbaren neuen Ansatz vertritt Dr. Rachel Herz in ihrem neuen Buch That’s Disgusting: Der Unterschied zwischen Mensch und Tier sei der Ekel. Tiere finden nichts eklig. Der Ekel im Menschen hingegen sei angeboren, nicht etwa, wie man meinen könnte, ein gelerntes Zivilisationswehwehchen. Wovor man sich genau ekelt, mag erziehungsabhängig sein, aber gewisse Ekelauslöser, insbesondere bezüglich Verwesung und Fäulnis, seien laut Herz kulturübergreifend zu finden, auch wenn auf Sardinien Käse erst als köstlich gilt, wenn er von Maden verspeist, verdaut und wieder ausgeschieden wurde, und Japaner verschimmelte Sojabohnen futtern wie andere Menschen Popcorn (ich finde beides eklig). Das Buch gefällt mir so gut, dass ich schon jetzt davon schwärme, obwohl ich es noch gar nicht gelesen habe, sondern nur eine ausführliche Besprechung in der, öhöm, New York Times Book Review. Dr. Herz erzählt nicht nur davon, dass die ordnungsgemäße Benutzung eines Geldautomaten ein höheres Gesundheitsrisiko birgt als das Ablecken eines Klositzes im Cinemaxx (mache ich trotzdem nicht, aber ich werde fortan wohl mehr mit Karte zahlen), sondern sie erzählt selbstverständlich auch von Horrorfilmen. Überrascht hat mich, dass Mädchen laut der Autorin Horrorfilme oft als Mittel zum Zweck benutzen: Wenn ich das brav durchstehe, kann ich hinterher den Typen klarmachen. Ich hielt das für eine sehr männliche Strategie; genau so sind ich und die anderen Typen früher an Dirty Dancing und Pretty Woman herangegangen. Apropos Woman (puh, endlich den Bogen zu dem Thema gekriegt, auf das ich eigentlich hinaus wollte). Ich liebe Horrorfilme mehr als irgendwelche anderen Filme, aber im fortgeschrittenen Alter hat sich mein Geschmack verlagert vom wilden und gefährlichen Grenzbereichhorror zum sicheren, vorhersehbaren Mainstreamhorror. Überhaupt habe ich erst wieder Spaß am Kino, seit ich akzeptiert habe, dass es sich um Unterhaltung handelt, nicht um Kunst oder Religion. Mein früheres Ich würde meinem heutigen Ich wohl die Freundschaft kündigen, aber was weiß mein früheres Ich schon. Man gebe mir eine neblige Gespenstergeschichte oder einen schlecht ausgeleuchteten Thriller über einen Serienmörder-von-teuflischer-Intelligenz, und ich bin glücklich. Meine Horrorfilme sollen Wohlfühlfilme sein. Extrem-Party-Splatter reizt mich nicht mehr, weil ich nicht mehr so viel trinke. Aufgekratzte Blut- und Sperma-Provokation mit Kunst- oder Anti-Kunst-Attitüde (beides dasselbe, das zweite ist nur verblasener) brauche ich nicht mehr, weil ich schon groß bin. Man komme mir auch nicht bei jedem Brüll-Film mit dem Macker-Argument: „So ist eben die Realität!“ Ich sage: Das kannst du gar nicht beurteilen, Kleiner. Zu behaupten, das ganze Leben sei ein Jack-Ketchum-Roman, ist, als würde man behaupten, das Leben sei wie eine Komplettbox Die Waltons. Das eine ist so verlogen wie das andere, und keine von beiden Weltanschauungen ist gehaltvoller oder tiefgründiger als die andere. Es gibt Leid, Gewalt und Verzweiflung auf der Welt, und es gibt menschliche Wärme, grüne Weiden und flauschige Daunendecken. Menschen, die die Muße haben Filme zu schauen, werden mehr Begegnungen mit Daunendecken haben und erfahren in den wenigsten Fällen mehr Gewalt in ihrem Leben als eine Schulhofschlägerei aus der Ferne. Meine Abkehr von der dunklen Seite des Horrorfilms hat zur Folge, dass mir Filme wieder Angst machen. Zumindest, bevor ich sie sehe. Ich habe aus erwähnten Gründen nicht mehr das Bedürfnis jeden Film zu schauen, den der Buschfunk gerade als das neue Ultimo in Sachen Blutrünstigkeit und Erniedrigung ausruft, aber manchmal bin ich doch neugierig. Dann steigere ich mich vorab oft in Erwartungshaltungen hinein, die schwerer zu ertragen sind als die Filme selbst. So musste ich bei der französischen Folter-Meditation Martyrs (Ultimo 2008) tatsächlich vorzeitig das Kino verlassen, weil mir ganz schlecht war von der Vorstellung, dass mir schlecht werden könnte. Dabei ging der Film eigentlich bis dahin. Und der Rest des Films ging auch, wie ich beim zweiten, erfolgreichen Versuch feststellte. Es ist ein schöner Film über den Lohn des Leidens, eingepackt in eine reichlich alberne Verschwörungsstory, der mir eine gute Inspiration beim Dauerlauftraining geworden ist. Es ist kein Film, den ich als Valentins- oder Muttertagsgeschenk empfehlen würde, aber mich hat er inhaltlich angesprochen, und meine Ekeltoleranzschwelle hat er nicht überschritten. Richtig eklig ist Ekliges nämlich erst, wenn die Beweggründe eklig sind. Das Eklige in Martyrs aber ist unverzichtbarer Teil der Erzählung und kein ekliger Voyeurismus. (Trailer nicht für jeden.) Ähnlich feige herumgeschwänzelt bin ich lange um The Woman (Ultimo 2011). Bekannt wurde der Film durch ein vermutlich inszeniertes Viralvideo, in dem sich am Rande der Premiere ein angeblicher Zuschauer angeblich sehr aufregt: Die Handlung (Anwalt und Familie halten eine verwilderte Frau im Schuppen gefangen) hatte mich nicht sonderlich angesprochen, aber ich vertraue dem Regisseur Lucky McKee und der Hauptnebendarstellerin Angela Bettis seit ihrer herzergreifenden Splatter-Dramödie May. Gestern bin ich den seit rund zwei Monaten hier herumliegenden Film endlich angegangen, und es war ein weiteres Martyrs-Erlebnis, nur diesmal ohne Fehlversuch. Lucky McKee selbst bezeichnet The Woman als Horrorfilm, also akzeptiere ich das. Meine Wahrnehmung ging allerdings von Anfang an eher in Richtung einer Steigerung von American Beauty. Viel interessanter als die körperlichen Qualen, die in The Woman durchaus vorkommen (wenn auch weniger prominent und explizit, als es das Raunen auf allen Kanälen impliziert), ist die seelische Verfassung der Anwaltsfamilie. Wenn man den Film mit „Yeah! Eklig!“-Gebrüll besser verkauft, soll es so sein. Yeah-Eklig-Fans müssen sich aber darauf einstellen, etwas zu sehen zu bekommen, was sie vielleicht noch nie zuvor gesehen haben: ein satirisches, oft enervierend stilles, sehr fein beobachtetes und inszeniertes Familiendrama. Freunde von fein beobachteten Familiendramen hingegen sollten sich drauf einstellen, dass hin und wieder ein Gesicht abgebissen wird.Schlagwort-Archive: Japan
Neulich im Schloss
Sollten Sie es am vergangenen Wochenende nicht ins Schloss Schönebeck zu meinem Vortrag zum Thema Manga und meiner Lesung zum Thema Niedlichkeit geschafft haben, trösten diese seltenen Dokumentaraufnahmen Sie vielleicht ein wenig (oder legen die Bilder den Finger etwa noch tiefer in die Wunde?!).
Entgegen anders lautenden Gerüchten spiele ich auf diesem Foto keineswegs Klavier (vielleicht beim nächsten Mal): Im Dunkeln ist meine Hello-Kitty-Krawatte noch schlechter als solche (oder überhaupt) zu erkennen, als ohnehin schon. Man zwang mich auch zum Wiegen auf der schlosseigenen Kitty-Waage: Gottlob wiege ich nichts mehr, seit ich im Training bin. Ich bedanke mich bei allen, die gekommen sind, und selbstverständlich ganz besonders bei allen, die an beiden Abenden gekommen sind, obwohl der Eintritt kein Pappenstiel für Taschengeldempfänger war. Ich bin ganz ehrlich noch immer ganz gerührt. Die Zeitung war netterweise auch da. Im guten alten journalistischen Stille-Post-Spiel können schon mal Zahlen durcheinandergewirbelt und Aussagen grob verallgemeinert werden – das sehe ich nicht eng, merke aber trotzdem an, dass ich jede Schuld von mir weise. Dafür verbürge ich mich für die Richtigkeit der Angaben in meiner filmischen Altjahresansprache.Sie werden mich noch kennenlernen
… wenn Sie am übernächsten Wochenende im Bremer Schloss Schönebeck sind. Anlässlich des dortigen Japanischen Frühlings übernehme ich an zwei Tagen das Abend-Infotainment. Jeweils der erste Teil besteht aus gesprochenen Worten und visuellen Hilfsmitteln, danach gibt es jeweils einen Film, den ich zwar selbst ausgesucht, aber nicht selbst gemacht habe (keine Sorge).
Weitere Details auf der Live-Seite meiner Homepage. Apropos Homepage: Waren Ihnen bisher meine zu Tode gephotoshopten Kindheitsbilder ebendort ein Dorn im Auge, so wird es Sie über alle Maßen freuen, dass ich auf der Kontakt-Seite und der Biografie-Seite soeben neue Bilder eingepflanzt habe, die die nackte Wahrheit zeigen (ich selbst bleibe angezogen).Reisetipp für kleine Monster
Lady Kaga sagt: Go Kaga!
Lesetipps für kleine und große Monster:
DVD-Besprechung The Vampire Diaries 1.2 Buch-Besprechung Cory Doctorow: For the Win Buch-Besprechung Jeffrey Eugenides: Die LiebeshandlungEs ist offiziell: Fips Asmussen übernimmt „Wetten dass ..?“
Huch, war doch nur ein Traum. Ein Traum, der im harschen Licht der Leselampe zerplatzt wie eine Seifenlase an einem Amboss, auf dem ein Dunkelgnom eine Schattenklinge schmiedet, in einem scheußlichen Fantasy-Roman voller misslungener Metaphern.
Ich habe Wetten dass ..? nicht mehr gesehen, seit Frank Elstner das nicht mehr macht. Dass das so ein junger Luftikus mit langen Haaren übernommen hat, kann ich bis heute nicht gutheißen. Wenn es mit dem deutschen Fernsehen so weitergeht, dann haben wir bald amerikanische Verhältnisse, wo jeder zehn oder sogar zwölf Sender empfangen kann und die Kinder Coca-Cola trinken dürfen.
Gestern aber wollte ich mal nicht so sein, es ist schließlich Weihnachten, und mal wieder in die beliebte Samstagabendshow hineinschauen. Leider bin ich nach fünf Minuten erneut eingenickt und dabei wohl an der Fernbedienung aufgeschlagen, aber jetzt weiß ich, wie es wirklich ist: Pierce Brosnan übernimmt Wetten dass ..?! Und Thomas Gottschalk wird der neue Bond, in Doppelmoderation mit Mike Krüger, der auch den Song zum neuen Agenten-Abenteuer GoldNasen einsingen und sich dabei auf der Gitarre begleiten wird. Ansonsten gibt es zu gucken und zu lesen: Black Butler 1 Tom Rob Smith: Agent 6Lieber Journalismus, bitte nehmen Sie sofort Ihren Finger aus meiner Wunde, meine Nippel tun schon genug vom Laufen weh!
Mitunter halte ich mich in der Küche auf, dort läuft immer das Radio. In meinem Radio laufen zum Glück nur gute Sendungen, über Bücher, Revolutionen und Neuerscheinungen der Deutsche Grammophon. Aber manchmal vergreifen sich die Moderatoren im Ton, so wurde unlängst ein Sachbuchautor für einen Journalismus gelobt, „der den Finger in die Wunde legt.“
Ich finde daran nichts Lobenswertes. Hat es irgendeiner Wunde je bei der Heilung geholfen, dass ein Finger in sie gelegt wurde? Sicherlich kann man mit dem in die Wunde gelegten Finger auf diese aufmerksam machen. Aber die meisten Wunden sind ja nicht gerade so gut versteckt, dass ohne Sado-Journalisten niemand etwas von ihnen mitbekommen würde. Sollte ein ordentlicher Journalismus nicht lieber einer sein, der bei Anblick einer Wunde ruft: „Ist zufällig ein Arzt anwesend?!“ Ein Journalismus, der Wunden heilt, oder zumindest zur Heilung von Wunden beiträgt. Das wäre ein Journalismus, den ich mir loben würde. Es gibt nichts Schrecklicheres als die Phrase vom Finger in der Wunde. Außer Krieg und Hungersnot vielleicht. Oder Schimmel auf dem Pesto, oder das gemeinsame Album von Lou Reed und Metallica. Eigentlich gibt es jede Menge Schrecklicheres als die besagte Phrase, wenn man es genau bedenkt, aber ich reagiere in letzter Zeit häufig voreilig und emotional, weil meine Nippel so sensibel sind. Sie wissen ja, mir ist da neulich wg. Midlife-Crisis ein Malheur passiert, und jetzt muss ich immer viel laufen, und zwar nach Anleitung, sonst wird das nichts. In meiner Anleitung ist eine Merkliste, was man nicht einzupacken vergessen darf, wenn man sich auf den Weg nach bzw. zum Marathon macht. Ein paar der Dinge leuchteten mir sofort ein (Schuhe, Socken, Seife), aber einen Punkt fand ich doch albern: „Pflaster (Brustwarzen)“. Das war mir zu kinky, ich will schließlich Marathon laufen, nicht CSD-Parade. Eins nach dem anderen. Aber inzwischen weiß ich: Menschen, die Bücher übers Laufen schreiben, wissen oft mehr über das Laufen als Menschen, die Bücher über das Laufen bloß lesen und hinterher leicht süffisant dumme Witzchen darüber machen. Meine Brustwarzen tun höllisch weh. Aber ich habe daraus gelernt und renne nicht mehr ohne Pflaster aus dem Haus. Tatsächlich sind meine Nippel in genau diesem Moment überklebt, und ich fühle mich gut dabei. Ein Foto erspare ich Ihnen. Würde ich selbstverständlich nicht ersparen, wenn ich Hello-Kitty-Pflaster hätte, aber die gibt es leider nicht in Erwachsene-Brustwarzen-Größe. Selbstverständlich habe ich danach gesucht, was ist denn das für eine komische Frage?! Für mein Laufprogramm habe ich aber nur dies aus dem HK-Programm gefunden:Das Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack (fantastisch: Bye-bye, Boo Boo! Hello, Kitty!) hilft bestimmt auch, wenn einer einem mal wieder einen Finger in die Wunde gelegt hat. Ich bin für einen Journalismus, der das Hello Kitty Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack auf die Wunde legt!
Diese neuen Besprechungen aus meinem Besprechungslabor legen keinen Finger in die Wunde, sie haben keine Ecken und Kanten, sitzen nicht zwischen Stühlen und sie gehen auch nicht an Grenzen. Sie gehen nur soweit die Nippel tragen: Film Haunters The Man from Nowhere Paranormal Activity – Tokyo Night Buch Laura Joh Rowland: Der Wolkenpavillon Haruki Murakami: 1Q84 Buch 3Wahlbetrug in Japan (Sie können noch bis morgen mitmachen)
Die Wahl zum beliebtesten Lokal-Maskottchen Japans ist nichts, womit man gedankenlos und leichtfertig Schabernack treiben sollte. Umso erschütternder, dass es offenbar einige Wahlberechtigte gibt, die sich nicht an die Regeln halten und nicht einsehen mögen, dass Kuma-mon aus der Präfektur Kumamoto (unten links) und Bari-san aus der Stadt Imabari (unten rechts) das Rennen der knapp 350 Maskottchen aller Wahrscheinlichkeit nach unter sich ausmachen werden.
Anhänger des Außenseiters Nishiko-kun aus der Stadt Kokubunji im Großraum Tokio (siehe Video) riefen jetzt nicht nur Unentschlossene und Nicht-Wähler auf, ihre Stimmen dem weit abgeschlagenen Sonnenmännchen zu geben, sondern betrieben auch massiven Wahlbetrug über multiple gefälschte E-Mail-Konten, obwohl sie ganz genau wussten, dass jeder Mensch nur eine Stimme pro Tag hat. Dadurch führte Nishiko-kun die Wahl kurzzeitig sogar an, ist aber inzwischen wieder ein wenig zurückgefallen.
Falls Sie an diesem Krimi teilhaben möchten, können Sie noch wenige Stunden Ihre Stimme abgeben. Was ich von den Verantwortlichen der Gesellschaft organisierter Lokal-Maskottchen (Amtssitz Hikone, Präfektur Shiga) wissen möchte (und ich denke, damit bin ich nicht alleine): Was gedenkt man zu unternehmen, damit ein derartiger Missbrauch bei zukünftigen Wahlen ausgeschlossen werden kann?Der fabelhafte Placebo-Zauberstab für Business-Punks ohne Finger (und andere Männer-Themen, die die Wucht sind)
Als ich jüngst eine asiatische Metropole nach der anderen mit meiner Anwesenheit langweilte, kaufte ich mir zwischendrin auf einem Flughafen ein Herrenpflegeset, weil der Herr sich ein wenig ungepflegt fühlte. Darin war auch ein erstaunliches Produkt, das nicht der hauptsächliche Kaufgrund war, aber ob erwachender Neugier die Entscheidung positiv beeinflusste: Der L’Oreal men expert Hydra Energetic Eye Roll-On zum Wegmachen von Augenringen. Quasi der Tintenkiller des Business Punks.
Ich bin durchaus für hochspezialisierte Pflegeprodukte. Ab einem gewissen Alter wird auch aus dem spöttischsten Verweigerer ein Metrosexueller, der die Uhr ticken und die Haut bröckeln hört. Aber bei diesem Augenringewegmacher habe ich mir selbst im Spätsommer meines Lebens gedacht: So ein Blödsinn. Sind Augenringe wirklich eine Geißel der Menschheit, oder zumindest der Männlichkeit? Galten sie nicht einmal sogar als Insignien von sehr kurz zurückliegendem Draufgängertum und allgemeiner Teufelskerligkeit? Trug man sie nicht wie Medaillen im Gesicht? Sollte es nicht eher einen Augenringeaufmalstift geben für Streber, die jeden Abend früh zu Bett gehen und dann in der Schule gehänselt werden, von den coolen Augenringe-Kids?
Nein, das wäre ja albern. Ich habe also diesen Augenringewegmachstift ausprobiert, und ich muss sagen: Respekt. Man fühlt sich für eine knappe Sekunde untenrum erfrischt. Denselben Effekt hat man, wenn man den kleinen Finger mit kaltem Wasser benetzt und sich das Zeug unter die Augen reibt. Die kosmetische Wirkung dürfte ebenfalls dieselbe sein: Wenn man ein wenig mit der Lichtdramaturgie spielt, nicht genau hinsieht und fest daran glaubt, könnte man meinen, dass die Augenringe einen Tick zurückgegangen sind. Verlässlicher gegen Augenringe ist aber die klassische Methode:(Mit im Bild: Der Strand bei Shimoda, Nebensaison.)
Wo wir gerade bei Männer-Themen sind – dieses Magazin ist für mich freilich Pflichtlektüre seit ein paar Jahren:Lachen Sie nicht. Obwohl: Mit 37 habe ich auch noch gelacht, da habe ich damit nichts anfangen können. Es ist nämlich für Männer ab 37 1/2:
Japaner nehmen es eben gerne genau, eine ihrer liebenswertesten Eigenschaften. Wie beim Bahnwagon, der in diesem Abschnitt hält: Um 7:30 für Männer okay, um 7:31 kein Problem, aber ab 7:32 nur für Damen.
Diese exakte Angabe ist natürlich einzig und allein darin begründet, dass Fahrplanabfahrtzeiten in Japan verlässliche Angaben und nicht bloß Fantasy-Lektüre sind.
Unlängst machte die Deutsche Bahn stolz ihre Verspätungsstatistik bekannt und gluckste, dass man jetzt schwarz auf weiß habe, dass fast immer fast alle Züge fast pünktlich seien. Um das ansatzweise nachvollziehen zu können, muss man das Kleingedruckte lesen: In Deutschland gilt eine Verspätung von sechs Minuten noch nicht als Verspätung, sondern als auf den Punkt pünktlich. Teilnehmer an Vorstellungsgesprächen auf beiden Seiten des Tisches mögen das anders sehen. Aber ich will mich nicht wieder aufregen. Das ist nicht gut für meine Haut.Der alte Menschheitstraum wird wahr: Bier mit Eiswürfeln
Letzte Woche war einen Tag Schweineherbst mit Wind und Wasser, dann hatte der Sommer Tokio wieder fest im Griff. Da half kein 0,135-Liter-Damenbier …
… auch die vergleichsweise gigantische 0,25-Variante erfrischte kaum ausreichend.
Es brauchte härteren Stoff, zum Glück hatten wir noch zwei ansatzweise normalgroße Dosen des dieses Jahr erfundenen Ice+Beer im Kühlschrank. Die japanische Großbrauerei Kirin hat es so süffig gebraut, dass es erst durch die Verdünnung mit Eiswürfelschwitzwasser seine optimale Genießbarkeit erfährt.
Und so geht’s
1. Füllen Sie das Bier aus der Dose in ein Glas ohne Eiswürfel. Lassen Sie genügend Platz für das Eis.2. Entnehmen Sie Eiswürfel aus der automatisch Eiswürfel produzierenden Kühl/Gefrier-Kombination.
3. Geben Sie die Eiswürfel in das Glas mit dem Bier.
4. Würdigen Sie den Farbverlauf, ggf. mit einem Haiku.
5. Lassen Sie es sich schmecken.
Schmeckt aber leider nicht.
Das ebenfalls neue Ice+Wine probieren wir erst nächsten Sommer.Today, in the world of freedom, the proudest boast is: Ich bin ein Nudelwesen!
Human beings are noodle beings.
So steht es als letzter von sehr vielen Sätzen auf der Souvenirladenkunststofftragetasche des Cupnoodles Museum in Yokohama. Auf der Heimfahrt nach Tokio hat man Gelegenheit sich die Tüte mal ganz durchzulesen, wenn man schnell liest. Gesagt hat die wahren Worte möglicherweise Momofuku Ando (1910 – 2007), der Steve Jobs der Heimgastronomie, dessen Leben und Werk das Museum ein Denkmal ist. Ando erfand im hungergeplagten und verarmten Nachkriegsjapan die Instantnudelsuppe und revolutionierte damit im Handumdrehen die Esskultur der ganzen Welt. Im Museum kann man ihm und anderen großen Nudelwesen nahe sein:Man kann Spaßfotos mit modernkünstlerischen Nudelexponaten knipsen:
Man sieht alle Nudelsuppen der Welt …
… und darf unter Laborbedingungen seine eigene Brühe kreieren und mitnehmen:
Nur wofür der schräge rote Raum gut ist, habe ich nicht herausgefunden.
Es ist mir ein Nudelrätsel.